Hintergrund und Fragestellung

Ärzte sind verschiedenen beruflichen Belastungen ausgesetzt [12, 42], insbesondere überwiegen in ihrem Alltag hochbeanspruchende psychische Belastungen [19, 20, 26]. Chirurgisch tätige Krankenhausärzte sind im Vergleich zu Ärzten anderer Fachrichtungen und zu anderen Berufsgruppen psychosozial hoch belastet [20]. Ein Viertel der chirurgischen Ärzteschaft leidet unter einer beruflichen Gratifikationskrise. Der hohe Verantwortungsdruck, Zeitdruck, Arbeitsverdichtung, unvorhergesehene Ereignisse während eines Operationseingriffs (z. B. durch Blutungen), tägliche Konfrontationen mit Krankheiten, Tod und Ängsten gehören zum Berufsalltag des Arztberufes [2]. Stress wird auch bei anderen Erwerbstätigen als gesundheitliches Risiko betrachtet [21]. Jedoch stellen bei Ärzten derartige Belastungen ein Zusatzrisiko dar, weil die wahrgenommene Qualität der Patientenversorgung häufig beeinflusst wird [20]. Beim Operieren können die tätigkeitsspezifischen Belastungsfaktoren sich nicht nur auf die psychische Beanspruchung des Chirurgen, sondern auch auf die intraoperative Leistung in Form von Komplikationen auswirken [1].

Die mit den kurzanhaltenden negativen psychischen Belastungsfaktoren assoziierten kurzfristigen negativen Beanspruchungsreaktionen können zuerst nur gesundheitliche Beeinträchtigungen darstellen. Diese werden bei der weiterbestehenden arbeitsbedingten Belastung, wenn ständig eine negative Stressreaktion ausgelöst wird, in nachgewiesener Weise das Risiko für das Auftreten einer koronaren Herzkrankheit [21], Diabetes mellitus [16], Depressionen [34] und Burnout [4, 8, 40, 43] erhöhen. Collins und Karasek beschrieben den Zusammenhang zwischen psychosozialen Anforderungen am Arbeitsplatz sowie berufsbedingten Stressbelastungen und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (HKS; [10, 11]). Schuster et al. [32] stellten in ihrer Studie eine Korrelation zwischen der Reduzierung des HRV-Parameters RMSSD (Quadratwurzel des Mittelwerts der Summe aller quadrierten Differenzen zwischen benachbarten RR-Intervallen) und verschiedenen Prognose-Scores für das Auftreten einer koronaren Herzerkrankung bzw. einem Schlaganfall fest. In der Pathogenese einiger dieser Erkrankungen spielen psychobiologische Wirkmechanismen eine Rolle. Für die Aufrechterhaltung der inneren Homöostase in einer Stresssituation sorgen unterschiedliche psychoneurophysiologische Vermittlungswege, wie das autonome Nervensystem (ANS), das endokrine und das immunologische System [21] im Sinne der unspezifischen Reiz-Antwort-Reaktion nach Selye [33]. Im arbeitsmedizinischen Belastungs-Beanspruchungskonzept [27] spricht man von einer „Beanspruchung“ als Reaktion auf die psychische Belastung. Bei kurz- und langfristigen Wirkungen finden Veränderungen in den Regulationsmechanismen des ANS statt. Es entsteht eine Dysbalance zwischen sympathischer und parasympathischer Regulation, die sich mit der Herzfrequenzvariabilität (HRV) als Parameter der autonomen Funktion des Herzens und der allgemeinen Aktivierung [23] objektivieren lässt.

Bei akuten Stresssituationen verschiebt sich das sympathovagale Gleichgewicht zugunsten des Sympathikus; dieser stellt sich auf Stress als Antwort nach der Selyes-Theorie [33] und auf die leistungssteigernde Fight-or-flight-Reaktion nach der Cannons-Theorie [9] ein und sorgt dabei für eine kurzzeitige Reaktion des Organismus im Sinne der Ressourcenaktivierung und Leistungserbringung. Diese Reaktionen sind kurzfristige Beanspruchungsfolgen für eine gesunde Anpassungsfähigkeit und klinisch noch nicht relevant. Bei chronischer Stressbelastung bleibt die sympathische Dominanz („Sympathikus im Dauerstress“) durch anhaltende Alarmreize auch nach der Stresssituation erhalten, und die parasympathische Erholungsreaktion ist unterdrückt. Fortlaufende Adaptationsprozesse bei andauernden Stressbelastungen und eine verzögerte Regeneration nach dem Stress, die als Zeichen von allostatischer Last [25] anzusehen ist, führen zu langfristigen Beanspruchungsfolgen wie kardiovaskulären Erkrankungen und immunologischer Schwäche sowie zu psychischen Beanspruchungsfolgen wie Erschöpfung und Burnout. Obwohl am Anfang der Parasympathikus immer wieder versucht, eine Erholungsreaktion einzuleiten, kommt es jedoch später über die Chronifizierung zur Überlastung des Organismus.

Unter HRV wird eine Vielzahl von Parametern vereint, welche die Rhythmik einer Zeitreihe von aufeinander folgenden Herzaktionen kennzeichnet [28]. Für diese Variationen sind verschiedene physiologische Regelkreise verantwortlich. Die Rolle der Regulationssysteme des Organismus besteht in der Überwachung des Funktionszustandes einzelner Organe und Systeme [5], die sich in Kontrolle, Regulation und Steuerung unterteilen lässt. Die Aktivierung dieser Regulationssysteme steht im Zusammenhang mit dem funktionalen Zustand des Organismus. Die Regelkreise sind bei Gesunden in der Lage, die durch die Stresssituation entstandenen Störungen „zu reparieren“. Unter permanent erhöhten Belastungssituationen nimmt die Variabilität der physiologischen Funktionen ab. Eine geringere HRV ist mit abweichenden Regulationsmechanismen zur Steuerung der Herz-Kreislauf-Homöostase und einer eingeschränkten Adaptationsfähigkeit verbunden. Die Anpassung auf erhöhtem Funktionsniveau ist mit „Kosten“ (Load) für den Organismus verbunden, die nach der Belastung wieder ausgeglichen werden müssen. Nach dem Konzept der Allostase [25] ist eine verzögerte Regeneration nach Stress ein Zeichen von allostatischer Last. Die Kosten kumulieren sich über längere Zeit und verursachen gesundheitsrelevante Veränderungen [15, 41]. Das bedeutet, dass die fortdauernden Adaptationsprozesse physiologischer Systeme infolge der andauernden Stressbelastungen pathogene Wirkungen verursachen und zur Überlastung sowie einer manifesten Morbidität führen [24]. Die Bewertung des „allostatic load“ bietet Unterstützung für das Verständnis psychosozialer Determinanten der Gesundheit [15].

Die objektive psychische Belastung im OP-Saal ist schwer zu messen. Über die Erfassung der objektiven Beanspruchungsparameter ist es möglich, Rückschlüsse auf die Arbeitsbelastung zu ziehen. Die HRV hat sich neben dem Blutdruck und der Herzschlagfrequenz (Hf) als objektiver vegetativer Beanspruchungsparameter zur Erfassung psychischer Belastung von Chirurgen etabliert [2, 39]. Ein systematisches Review, in das 17 Studien einbezogen wurden, zeigt, dass die HRV eine gute objektive Methode für die Erkennung von Stress und die Bestimmung der Stressoren während Operationen (OP) ist [22]. Bei Stress steigt die Hf an und die HRV-Parameter weisen geringere Ausprägungen auf [2, 39]. Auch die Art des durchgeführten operativen Eingriffes [7, 14, 18, 38, 44] und die Assistenz eines leitenden Chirurgen [13] hat Einfluss auf das Stressniveau und den Beanspruchungsgrad des Operateurs. So ist das Stresslevel bei chirurgischen Eingriffen ohne den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine („off-pump“) höher als bei solchen mit Herz-Lungen-Maschine („on-pump“) [6]. Inwieweit das Beanspruchungsniveau während chirurgischer Eingriffe vom Erfahrungswert des Operateurs abhängig ist, wurde bislang kaum untersucht.

Ziel der Pilotstudie ist es, anhand der HRV-Parameter unter Berücksichtigung der abgefragten möglichen Einflussfaktoren die Aktivierung des ANS von Assistenz- und Oberärzten der Herz-Thorax-Chirurgie während aortokoronarer Bypasseingriffe (ACB) als vegetative Antwortreaktion auf die Stresssituation zu erfassen. Zusätzlich soll über diesen Beanspruchungsparameter ein Vergleich der intraoperativen Belastungssituation zur nichtoperativen Tätigkeit bei Herz-Thorax-Chirurgen erfolgen. So soll das Stressniveau bei herzchirurgischen Eingriffen unter Berücksichtigung der operativen Erfahrung und der Qualifikation des Arztes sowie der Art der Tätigkeit während der OP (Aufgabe als Erstoperateur oder als Assistent) aufgezeigt werden. Die OP-Phasen des ACB-Eingriffes, wie z. B. Hautschnitt und Sternotomie, erfolgen durch den operierenden Assistenzarzt ohne oberärztliche Aufsicht. Während der LIMA-Präparation entnimmt ein weiterer Assistenzarzt die Vena saphena magna aus dem Bein des Patienten und bereitet diese für die später folgenden (distalen und proximalen) Anastomosen vor. Bei den OP-Phasen wie z. B. Kanülierung, Start einer Herz-Lungen-Maschine, Abklemmen der Aorta, distale Anastomosen, Entklemmen der Aorta, proximale Anastomosen, Dekanülierung und Blutstillung ist der Oberarzt anwesend, und diese Operationsschritte erfolgen durch den operierenden Assistenzarzt unter dessen Aufsicht. Hypothetisch gingen wir davon aus, dass die weniger erfahrenen AÄ während der OP mehr Stress erleben und somit eine verringerte HRV aufweisen als die OÄ. Die Erkenntnisse aus der Studie sollen als Grundlage zur Ableitung der individuumsspezifischen Präventionsmaßnahmen dienen.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Im Rahmen dieser Querschnittsstudie wurde die objektive Beanspruchung von chirurgisch tätigen Assistenz- und Oberärzten während ACB-OPs unter Nutzung einer Herz-Lungen-Maschine als Lehreingriff im Vergleich zur Nicht-OP-Phase (nichtoperativer Tätigkeit auf der Station) untersucht. Unter für den Weiterbildungskatalog erforderlichen Lehreingriffen wurde eine Operation definiert, bei der der Assistenzarzt (AA) operiert und der anwesende Oberarzt (OA) assistiert und berät. Zu der nichtoperativen Tätigkeit gehören Visite, Gespräche mit den Angehörigen, Dokumentation und Diktieren der Arztbriefe.

In einem Erhebungszeitraum von 8 Monaten (vom 24.07.2019 bis 27.02.2020) wurden 31 EKG-Aufnahmen vom ärztlichen OP-Personal bei insgesamt 25 OPs an verschiedenen Tagen durchgeführt, die als Grundlage für die HRV-Analyse dienten, um über die HRV Rückschlüsse auf stattgefundene psychische Belastungen zu ziehen. Die intraoperativen Zeiten und die Arbeitstätigkeiten wurden mittels eines vorab erstellten OP-Protokolls minutiös von einem Mitarbeiter aus dem Forschungsteam dokumentiert. In der Nicht-OP-Phase führte der Proband selber die Protokollierung seiner Arbeitstätigkeiten durch. Die Dauer der analysierten, zu vergleichenden Arbeitsphasen (OP-Phase: Arbeitszeit vom Anfang des Anschließens an die Herz-Lungen-Maschine bis zur Entwöhnung aus dem kardiopulmonalen Bypass vs. Nicht-OP-Phase: Arbeitszeit außerhalb des OP-Bereichs) lag jeweils bei 180 min. Die Nicht-OP-Phasen wurden als Vergleichsphasen herangezogen, in denen beide Probandengruppen tätig waren (z. B. Visite/Wundkontrolle/Ambulanz).

Das positive Votum der Ethikkommission (Registrierungsnummer 2020/185/19) liegt vor.

Bei den klinisch gesunden, männlichen Chirurgen handelte es sich um zwei Assistenzärzte (AÄ) aus der Altersgruppe 30–35 Jahre und 3 Oberärzte (OÄ) aus der Altersgruppe 35–45 Jahre, die sich freiwillig als Probanden zur Verfügung gestellt haben. Der Body-Mass-Index (BMI) unterteilte sich innerhalb der Stichprobe in Personen mit Normalgewicht (1 AA mit einem BMI von 21,7 kg/m2 und 2 OÄ mit einem BMI von 24,9 kg/m2 und 21,7 kg/m2) und Übergewicht (1 AA mit einem BMI von 29,7 kg/m2 und ein OA mit 27,4 kg/m2). Die AÄ waren jeweils Nichtraucher, wohingegen die Gruppe der OÄ einen Raucher aufwies. Die sportlichen Freizeitaktivitäten der Probanden (Laufen, Radfahren, Fitnesstraining) beliefen sich nach eigenen Angaben auf 1‑ bis 2‑mal/Woche (1 AÄ, 3 OÄ) und 3‑ bis 5‑mal/Woche (1 AÄ).

Zur Ermittlung dieser Phasen, unter Berücksichtigung der zirkadianen Rhythmik, wurden detaillierte Zeitprotokolle des gesamten Arbeitstages der Probanden verwendet. Die Teilnehmer füllten den Fragebogen MIGA-Heart-Study zur Erhebung von möglichen Einflussfaktoren wie z. B. Alter, Geschlecht, Medikamente, Erkrankungen, Sportaktivität, Alkohol- und Zigarettenkonsum (in Anlehnung der AWMF-S2k-Leitlinie [28]) auf die HRV aus. Als Einschlusskriterium galt die Tätigkeit als Oberarzt bzw. Assistenzarzt, die berechtigt sind, herzchirurgische Eingriffe durchzuführen. Eine regelmäßige Einnahme von Medikamenten, wie z. B. β‑Blocker, relevante Vorerkrankungen (wie Diabetes mellitus oder arterielle Hypertonie) sowie die Häufigkeit von Extrasystolen im EKG (mehr als 1 % aller Herzaktionen), gehörten zu den Ausschlusskriterien dieser Studie [6]. Dies traf bei keinem der Studienteilnehmer zu. Die Probanden waren nicht mit Vorerkrankungen belastet sowie keiner regelmäßigen Einnahme von Medikamenten ausgesetzt.

Die Assistenzärzte befanden sich seit 2013 in herzchirurgischer Ausbildung und waren in dieser Zeit überwiegend operativ tätig. Die Oberärzte waren ebenfalls regelmäßig an der chirurgischen Ausbildung in Form als Anleiter beteiligt. Die Anzahl der durchgeführten ACB-OPs der Assistenzärzte lag zum Start der Studie bei 10 OPs (vs. 400–500 OPs bei den OÄ). Die Oberärzte haben im Durchschnitt doppelt so lange Erfahrungszeiten im herzchirurgisch operativen Tätigkeitsbereich.

Insgesamt 31 EKG-Aufnahmen (24 von AÄ; 7 von OÄ) wurden mittels eines 2‑Kanal-EKG-Geräts (Modell MT-101, Schiller AG, Schweiz) aufgezeichnet und dienten als Grundlage für die HRV-Analyse, bei deren Durchführung und der Auswahl der HRV-Parameter auf die in den internationalen und nationalen Leitlinien aufgestellten Qualitätskriterien geachtet wurde [28, 36]. Die Datenreihen aus den mit einer Abtastfrequenz von 1000 Hz aufgenommenen NN-Intervallen wurden in die Software Medilog DARWIN (Schiller AG, Schweiz) übertragen. Diese Datenreihe wurde für die anschließende HRV-Analyse in das Programm Kubios HRV Premium (Kubios, Kuopio, Finnland; [35]) exportiert, dabei erfolgte eine Artefaktkorrektur mit den Einstellungen 0,3 und „custom“ ohne Veränderung der „trend components“. Dabei wurden HRV-Parameter im Zeit- und Frequenzbereich (mit der Fast-Fourier-Transformation [FFT] mit einer Einstellung der Fensterbreite vom Zeitraum des Analyse-Bereichs und 50 % „window overlap“) und mit nichtlinearen Methoden berechnet [28, 35]. Die Beschreibung der HRV-Parameter ist in der Tab. 1 dargestellt. Zusätzlich zu den üblichen HRV-Parametern wurden die Parameter der Aktivität des autonomen Nervensystems (Stressindex, PNS-Index und SNS-Index) in die Auswertung einbezogen. Der Stressindex reflektiert die Aktivität der sympathischen oder zentralen Regulation. Dieser reagiert sensibel auf emotionalen, mentalen und körperlichen Stress ([3]; Tab. 1).

Tab. 1 Erläuterung der genutzten HRV-Parameter

Zusätzlich wurden die Probanden gebeten, die standardisierten Fragebögen zur Erfassung von arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmustern (AVEM; [31]) und den Differential Stress Inventory Fragebogen (DSI) zur Bestimmung des Stresserlebnistyps [22] zu beantworten, damit man diese persönlichen Merkmale später in die Interpretation der physiologischen Daten einbeziehen kann.

Aus dem AVEM [31] kann man Aussagen über gesundheitsförderliche bzw. -gefährdende Verhaltens- und Erlebensweisen bei der Bewältigung von Arbeits- und Berufsanforderungen treffen. Die 11 Dimensionen des Fragebogens (Bedeutsamkeit der Arbeit, beruflicher Ehrgeiz, Verausgabungsbereitschaft, Perfektionsstreben, Distanzierungsfähigkeit, Resignationstendenz, offensive Problembewältigung, innere Ruhe/Ausgeglichenheit, Erfolgserleben im Beruf, Lebenszufriedenheit und Erleben sozialer Unterstützung) können drei inhaltlichen Bereichen zugeordnet werden: dem beruflichen Engagement, den Emotionen, die den Berufsalltag begleiten, und der Widerstandskraft gegenüber beruflichen Belastungen. Daraus resultieren vier verschiedene Bewältigungsmuster. Die Muster A und B gelten hier als Indikatoren für Gesundheitsgefährdungen, wohingegen die Ausprägung von Muster G auf gesundheitsförderliches Verhalten und Erleben hinweist. Muster S bezieht sich auf motivationale Aspekte.

Das DSI [22] dient der Ermittlung des Ausmaßes und auch den Ursachen von individuellem Stresserlebnis, dabei werden 4 Bereiche erfasst: Auslöser, Manifestationen, Coping-Strategien und Stabilisierung und 4 DSI-Typen (Normaltyp, überbeansprucht, stressresistent, niedrige Beanspruchung – erfolgreiches Coping, hohe Beanspruchung – erfolgreiches Coping).

Zur statistischen Auswertung der Daten wurde SPSS Statistics 26 (IBM, USA) genutzt. Die Überprüfung der intervallskalierten Daten auf Normalverteilung erfolgte mit dem Shapiro-Wilk-Test. Da bei den HRV-Parametern nur vereinzelt eine Normalverteilung vorlag, wurde der Mann-Whitney-U-Test verwendet. Außerdem wurden die Differenzwerte (Δ) zwischen den Werten während der OP und den Werten aus der nichtoperativen Tätigkeit gebildet. Die weitere Auswertung erfolgte in dem Allgemeinen Linearen Modell (ALM) unter Berücksichtigung der ärztlichen Funktion (OÄ oder AÄ) und der Art der Tätigkeit während der OP (Aufgabe als Erstoperateur oder als Assistent) als Kovariaten. Bei paarweisen Mehrfachvergleichen im ALM wurde die Anpassung nach Bonferroni vorgenommen. Die Testentscheidungen basieren auf einem Signifikanzniveau von 5 %.

Ergebnisse

Zur Prüfung der oben aufgestellten Arbeitshypothese, ob die weniger erfahrenen AÄ während der OP mehr Stress erleben und somit eine reduzierte HRV aufweisen gegenüber den OÄ, wurden die HRV-Parameter beider Gruppen verglichen. Neben einer höheren Mean HR während der OP-Phase wiesen die zeitbezogenen HRV-Parameter RMSSD und pNN50 auf eine signifikant reduzierte HRV der Assistenzärzte im Vergleich zu den Oberärzten hin (Tab. 2). In der nachfolgenden ALM-Analyse wurde in dem korrigierten Modell das Ergebnis reduzierter RMSSD und pNN50 bestätigt (p = 0,038, η2 = 0,208 und p = 0,007, η2 = 0,299). Vergleicht man diese HRV-Parameter der beiden Probandengruppen bei der nichtoperativen Tätigkeit in der Klinik, zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Die Beanspruchungslage war in beiden Arztgruppen, trotz verschiedener ärztlicher Funktion, vergleichbar. Die unterschiedlichen interindividuellen Auslenkungen der Herzschlagfrequenz und der zeitbezogenen HRV-Parameter in den beiden Gruppen konnten nur für Δ Mean HR und Δ RMSSD statistisch bestätigt werden; hier fiel eine signifikant höhere Antwortreaktion auf die Belastungssituation im OP-Bereich bei Assistenzärzten auf. Das wurde auch in dem korrigierten Modell mit großem Effekt statistisch nachgewiesen (η2 = 0,230 bzw. 0,275; (Tab. 2)).

Tab. 2 Vergleich der zeitbezogenen HRV-Parameter während der beiden Arbeitsphasen (OP- und Nicht-OP-Phase) zwischen Assistenzärzten (n = 24 Datensätze) und Oberärzten (n = 7 Datensätze)

Trotz geringerer spektraler Gesamtleistung der AÄ-Gruppe im Vergleich zu der OÄ-Gruppe konnten diese Differenzen statistisch nicht bestätigt werden (Tab. 3). Jedoch zeigte sich in dem LF-Band während der OP-Phase eine signifikant deutlich reduzierte Leistung bei den AÄ (p = 0,014). Dies konnte auch in dem korrigierten ALM bestätigt werden (p = 0,006, η2 = 0,310) (Tab. 3).

Tab. 3 Vergleich der frequenzbezogenen HRV-Parameter aus der FFT-Analyse während der beiden Arbeitsphasen (OP- und Nicht-OP-Phase) zwischen Assistenzärzten (n = 24 Datensätze) und Oberärzten (n = 7 Datensätze)

Der Kurzzeitvariabilitätswert SD1, der den parasympathischen Einfluss widerspiegelt, war bei der Gruppe AÄ signifikant geringer als in der Gruppe OÄ (Tab. 4). Das wurde in dem korrigierten Modell bestätigt (p = 0,009; η2 = 0,285). In der Nicht-OP-Phase unterschieden sich die nichtlinearen Parameter in beiden Gruppen nicht. Bei der Betrachtung der Auslenkung dieser Parameter zeigt sich ein signifikanter Unterschied beim Langzeitvariabilitätswert DF2 (p = 0,038); jedoch konnten diese Differenzen mittels ALM nicht als signifikant bestätigt werden (Tab. 4).

Tab. 4 Vergleich der nichtlinearen HRV-Parameter während der beiden Arbeitsphasen (OP- und Nicht-OP-Phase) zwischen Assistenzärzten (n = 24 Datensätze) und Oberärzten (n = 7 Datensätze)

Die Auswertung hinsichtlich der Aktivität des ANS zeigte einen geringen parasympathischen Index (p = 0,005; η2 = 0,313), einen höheren sympathischen Index (p = 0,002; η2 = 0,250) und auch einen höheren Stressindex (p = 0,013; η2 = 0,265) während der OP-Phase der AÄ-Gruppe (Tab. 5). Trotz höherer Werte der AÄ-Gruppe (10,9 ± 2,04) lag der Stressindex im Durchschnitt aller Aufnahmen im Normbereich (7,1–12,2). Diese Gruppenunterschiede konnten nicht während der nichtoperativen Tätigkeiten auf der Station gefunden werden. Der Stressindex bei der OP-Phase war höher als bei der Nicht-OP-Phase, wobei sich dies statistisch nur bei den Assistenzärzten (p = 0,001) bestätigen ließ. Demzufolge zeigte sich bei ihnen eine deutlich höhere psychoemotionale Anspannung (Tab. 5).

Tab. 5 Vergleich der Parameter der ANS-Aktivität während der beiden Arbeitsphasen (OP- und Nicht-OP-Phase) zwischen Assistenzärzten (n = 24 Datensätze) und Oberärzten (n = 7 Datensätze)

Betrachtet man die relativen Anteile an der gesamten Dauer der OP-Phase der Zeit, in der der Stressindex erhöht, hoch oder sehr hoch war, wird deutlich, dass bei der Gesamtstichprobe 42 % der OP-Zeit durch einen erhöhten bis sehr hohen Stressindex gekennzeichnet war (p < 0,001). Die Hälfte der Arbeitszeit im OP (50,8 %) galt für die Assistenzärzte als Stresssituation, während bei den Oberärzten nur 11,7 % (p = 0,015; η2 = 0,258) in diese Kategorie fallen (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Vergleich der Zeit mit erhöhtem bis stark erhöhtem Stressindex während der unterschiedlichen Arbeitsphasen (OP und Nicht-OP) von Assistenzärzten (n = 24 Datensätze) und Oberärzten (n = 7 Datensätze) und der Gesamtstichprobe (*p < 0,05, ***p < 0,001)

Der relative Anteil der Zeit mit erhöhtem Stressindex an der Gesamtzeit der Nicht-OP-Phase war in beiden Gruppen vergleichbar (AÄ: 18,9 ± 17,95 % vs. OÄ: 13,4 ± 23,74 %; p = 0,651).

Zusammenfassend zeigen die HRV-Parameter der weniger erfahrenen AÄ während der OP eine niedrigere HRV als die OÄ.

Beide Assistenzärzte zeigten im Fragebogen zur Erfassung von arbeitsbezogenen Verhalten- und Erlebensmustern (AVEM; [31]) ein ausgeprägtes gesundheitsgefährdendes Risikomuster A und/oder B; beide haben eine hohe Verausgabungsbereitschaft sowie eine geringere Lebenszufriedenheit und ein geringeres Erleben sozialer Unterstützung. Im Vergleich zu den AÄ ließ sich bei den OÄ keine eindeutige Zuordnung zu den Risikomustern feststellen. Nur bei einem OA lag eine höhere Wahrscheinlichkeitszuordnung zu Risikotyp A (33 %) und Risikotyp B (39 %) vor. Anhand der Bestimmung des Stresserlebnistyps aus dem Differential Stress Inventory Fragebogen (DSI; [22]) ist selbiger OA als Normaltyp (Stress ist alltäglich, wird aber erfolgreich bewältigt; 57 %) und Typ „Hohe Beanspruchung – Erfolgreiches Coping“ (41 %) einzuordnen. Mit einer Profilzugehörigkeit von 73 % besitzt ein weiterer OA arbeitsbezogene gesundheitsförderliche Verhaltensmuster und zeigt im DSI eine 100 %ige Einordnung zu Typ 3 (Stressresistent). Bei der Einordnung zum Stresserlebnistyp nach dem DSI-Fragebogen gehört einer der AÄ dem Normaltyp und der andere dem Überbeanspruchungstyp an.

Diskussion

Die Auswahl der Aufzeichnungsdauer von 180 min ist abhängig von der Fragestellung, da es sich hier um die Vergleiche der Beanspruchung in der OP- und Nicht-OP-Phase handelte. Vergleichende Untersuchungen aus mehreren Messungen sollten eine identische Analysedauer haben [6]. Nur so sind die ermittelten HRV-Parameter aus diesen 2 Messungen vergleichbar. Auf die Auswahl einer „Nullwert“-Phase (in der Freizeit bzw. ohne Arbeitsbelastungen) wurde hier verzichtet, da diese der Anforderung der Auszeichnungsdauer nach auch 180 min lang sein sollte. Da aber die Methode für die Aufzeichnung verlangt, möglichst immer die gleiche bzw. eine ähnliche Tageszeit der Analyseabschnitte zu nehmen, um dem Einfluss der zirkadianen Rhythmik zu entgehen, läge die Nullwert-Phase in den Spätabendstunden, und das wäre kritisch zu betrachten. Eine zusätzliche Ableitung des Freizeit-EKGs an einem anderen, dienstfreien Tag, wäre eine theoretische Alternative. In dieser Studie wurden die Differenzwerte (Δ) zwischen den Werten während der OP und den Werten aus der nichtoperativen Tätigkeit gebildet, um die individuellen Auslenkungen zu analysieren.

Da die Dauer der zu analysierenden OP-Phase und der Nicht-OP-(Stations‑)Phase identisch gewählt ist, sind die Stresszeitanteile in den jeweils bemessenen Arbeitsphasen methodisch vergleichbar.

Es stellte sich heraus, dass die vegetativen Antwortreaktionen auf die Stresssituationen während der ACB-Operation bei den Assistenzärzten im Vergleich zu den erfahrenen Oberärzten ausgeprägter sind. Daneben wurde gezeigt, dass die Arbeitsbelastungen in der OP-Phase, die durch den objektiven Beanspruchungsparameter ermittelt wurden, erwartungsgemäß höher lagen als in der alltäglichen Stationsarbeit der Herzchirurgen. Sowohl bei den Assistenzärzten als auch bei den Oberärzten fand eine höhere Beanspruchung während der OP im Vergleich zur Nicht-OP-Phase statt. Die statistische Testung im korrigierten Modell auf Effekte während der intraoperativen Zeiten bestätigte, dass diese auf die höhere Stresssituation im OP zurückzuführen sind. Hiermit wird die aufgestellte Arbeitshypothese bestätigt.

Einige HRV-Parameter der untersuchten Probanden liegen im Referenzbereich [29], wobei bei genauer Betrachtung der einzelnen OP-Zeiten deutlich wird, dass die Assistenzärzte fast die Hälfte der OP-Zeit im hohen Stresslevel verbringen und eine reduzierte parasympathische Aktivität haben. Zu den Parametern der Aktivität des ANS fehlen solche Referenzdaten. Ein Vergleich der neuen Parameter der ANS-Aktivität, die bis jetzt in anderen Studien kaum zur Anwendung kamen, deutet darauf hin, dass Chirurgen einer hohen psychischen Belastung während der OP ausgesetzt sind [2, 37, 39]. Vor allem ist hervorzuheben, dass bei stressbelasteten Chirurgen eine höhere intraoperative Herzschlagfrequenz und eine geringe Ausprägung der HRV bei Erstoperateuren im Vergleich zu Assistenzoperateuren bzw. bei unerfahrenen im Vergleich zu erfahrenen Operateuren zu erkennen war [39]. Die chronische Stresssituation geht mit einer Reduzierung derjenigen HRV-Parameter, die die parasympathische Aktivität widerspiegeln, einher und somit mit einer Abnahme der vagalen Kontrolle und Steuerung des Herzens [17]. Die hohen intraoperativen Mean-HR- und niedrigeren RMSSD-Werte der Assistenzärzte bestätigen dies.

Bei einer Befragung der Assistenzärzte mit und ohne Weiterbildung zur psychosozialen Beanspruchung [20] wurde gezeigt, dass beide Gruppen sich als besonders hoch belastet fühlen. Die stressinduzierten vegetativen Antwortreaktionen objektivieren dieses Bild, dass in der Beanspruchung ein deutlicher Unterschied zwischen operierenden Assistenzärzten und den Oberärzten besteht.

Die hier beobachteten Effekte in der OP-Phase weisen auf eine höhere Reaktion bei den Assistenzärzten als bei den erfahrenen Oberärzten hin, waren jedoch nicht pathologisch. Nach Ladwig et al. [21] sind die Reaktionsmuster dann pathologisch, wenn das Zurückkehren in den Ruhezustand nicht passiert oder wenn es dem Körper nicht mehr möglich ist, in der Stresssituation „mit einer Leistungssteigerung auf die kompromittierte Homöostase zu reagieren“. Das ist in dieser Stichprobe nicht der Fall, da nach der Belastungssituation die HRV-Parameter wieder in den Ausgangszustand zurückgehen.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen bei den AÄ eine deutliche reduzierte Leistung im LF-Band während der OP-Phase im Vergleich zu den OÄ. Die Aktivität von Sympathikus und Parasympathikus spiegelt die Anpassungsfähigkeit des Organismus auf die hohe Belastungssituation während der OP wider und liefert Auskunft über dessen Zustand und die ablaufenden Adaptationsprozesse. Hier verläuft die Beanspruchungsreaktion auf die Erfordernisse nach dem Muster: Stresseinwirkung – sympathische Aktivierung und parasympathische Herunterregulierung. Idealerweise folgt bei einem gesunden Organismus zum Schluss dieser Wirkkette, wenn es sich um eine kurzzeitige Stressreaktion handelt, nach der Stresseinwirkung eine schnelle kardiovagale Erholungsreaktion.

In den Nicht-OP-Phasen zeigen die AÄ, dass sich ihre HRV verbessert und somit ihre physiologischen Regulationsmechanismen in der Lage sind, den Parasympathikus wieder zu aktivieren. Gute Anpassungsfähigkeit steht im Zusammenhang mit einer guten Erholungsfähigkeit, psychischem Wohlbefinden und körperlicher Vitalität [17]. Da die AÄ lediglich im OP einen starren Herzrhythmus aufweisen, bedeutet das, dass sie während der OP-Tätigkeit den besonders hohen Stresssituationen ausgesetzt sind. Höhere Werte des Stressindexes werden als Stress für den Organismus und als eingeschränkte Anpassungsfähigkeit betrachtet [3]. Die Aktivierung der sympathischen Regulierung in dieser Situation manifestiert sich in der Stabilisierung des Herzrhythmus, Abnahme der Reichweite der Kardiointervalldauer und Zunahme der Anzahl der NN-Intervalle ähnlicher Dauer.

Aufgrund der hohen arbeitsbezogenen Stressbelastung sind frühzeitige Präventions- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen dennoch sinnvoll, durchaus schon im Studium, z. B. durch Experten aus der Psychiatrie, Psychotherapie, psychosomatischen Medizin, medizinischen Psychologie und Arbeitsmedizin, als eine gute Strategie an universitären Kliniken und Lehrkrankenhäusern. Hier wären neben den verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen der Primärprävention die Beratungsgespräche (u. a. auch im Rahmen der Wunschvorsorge) zu diskutieren. Im Beratungsgespräch mit dem Betriebsarzt im Rahmen der sekundären Prävention sollte man basale medizinische Kenntnisse des Mitarbeiters aus dem Bereich der Stressforschung erweitern und ihn in Bezug auf eigene Auswertungsergebnisse der stressinduzierten vegetativen Antwortreaktion hinweisen, seine Herzratenvariabilität situationsbedingt interpretieren und seine Ressourcen aufzeigen. Der Betriebsarzt kann anhand der HRV-Parameter und des Spektrogramms (vor allem anhand der Abbildung der vagalen Aktivität) psychosomatische Zusammenhänge zwischen Belastung und Gesundheitszustand verdeutlichen, in dem Beratungsgespräch dazu Bezug nehmen und ggf. bei starkem Handlungsbedarf frühzeitig einen Weg zu möglichen Lösungsansätzen (u. a. zusammen mit den Kollegen aus der Psychotherapie) suchen. Das könnten körperliche Trainingskonzepte zur Stärkung der vagalen Steuerung des HKS („das Schalten in den Ruhemodus“), die Veränderungen der HRV positiv bewirken [30], oder das Erlernen bestimmter Entspannungstechniken, Atmungsübungen, die Teilnahme an Stressbewältigungskursen, der Ausbau individueller Ressourcen und Stärkung von Fachkompetenzen, die der höheren Belastung gegensteuern, im Rahmen der Verhaltensprävention sein. Mitentscheidend ist in diesem Zusammenhang sicherlich auch ein vertrauensvolles Verhältnis und wertschätzendes Klima innerhalb der Fachabteilungen und zwischen den auszubildenden Operateuren und ihren Ausbildern [39]. Hier sind die Maßnahmen der Verhältnisprävention erforderlich, wie z. B. die organisatorischen Maßnahmen, realistisch kalkuliertes Schnitt-Naht-Zeit-Management, Einhaltung der Pausen, geregelte Dienstpläne oder die Fortbildungs- oder Supervisionsangebote für die Führungskräfte [12, 42]. Das vorbildliche Verhalten des Vorgesetzten und eine offene Gesprächskultur zur Förderung des Zusammenhalts im Team spielen dabei eine große Rolle [39].

Vorrangig junge Assistenzärzte sind als potenzielle Zielgruppe für Interventionen in der Klinik anzusehen. Dort gilt es, auf institutioneller/administrativer und individueller Ebene zu agieren. Möglicherweise kann der Einbezug von erfahrenen Oberärzten nicht nur im OP-Saal ein potenzieller Ansatz sein, um jungen Herzchirurgen Stabilität und Sicherheit im Umgang mit hohem Stressaufkommen zu geben. Auch eine frühzeitige Stärkung der Kompetenzen bei akutem Stressaufkommen für Medizinstudierende kann dem im späteren Berufsalltag hohen Belastungsaufkommen neben der Stärkung der Ressourcen entgegenwirken. Dabei sollte das Selbst- und Stressmanagement schon im Medizinstudium gefördert werden, um für künftige Ärzte Ressourcen für eine stabile Gesundheit zu entwickeln. So könnten angehende Chirurgen von einer strukturierten Ausbildung profitieren, um ihre wahrgenommenen Stressressourcen oder Fähigkeiten des richtigen Stressmanagements zu steigern. Es sollten in der Klinik die Organisation der Notfallsorge und kollegiales Feedback bei Zwischenfällen und z. B. Peer-Support-Angebote im Todesfall vorhanden sein.

Methodische Limitationen

Die Ergebnisse dieser Pilotstudie sind nur eingeschränkt aussagefähig und nicht zu verallgemeinern, da die Stichprobe sehr klein war. Eine Erhöhung der Anzahl der Assistenzärzte in dieser Fachrichtung und mit dieser Qualifikationsstufe bei gleicher Art der durchgeführten OP wäre ein mehrjähriger Prozess. Es wurde ein anderer Weg gewählt, indem die EKG-Aufnahmen mehrmals bei denselben Probanden an verschiedenen Tagen durchgeführt wurden.

Fazit für die Praxis

  • Mit der vorgelegten Studie wird das intraoperative Stressniveau bei Herzchirurgen objektiviert, wobei das Assistenzpersonal ohne hohen Erfahrungswert eine höhere psychoemotionale Anspannung gegenüber den Oberärzten zeigt.

  • In fast der Hälfte der OP-Zeit unterliegen die Assistenzärzte einem erhöhten Stresslevel.

  • Es erscheint sinnvoll, verhältnispräventive Ansätze und gesundheitsfördernde Maßnahmen am Arbeitsplatz individuumsspezifisch einzuleiten, welche die Ärzte unterstützt, erhöhtes Stressempfinden zu reduzieren und den vagalen Tonus zu stärken, um ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu erhalten.

  • Der Arbeitgeber soll auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung organisatorische Maßnahmen im Sinne der Verhältnisprävention ausarbeiten.

  • Somit kann eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung gewährleistet werden.